Der Aufbau der Sammlung BVG-West
Die Berliner Verkehrsgeschichte begann schon weit vor 150 Jahren. Vor etwa 40 Jahren bekannte man sich bei der BVG-West zur
Firmengeschichte, und stellte einige historisch belasteten Wagen zur Seite. Zunächst standen die Fahrzeuge verteilt in den entsprechenden Höfen und Hallen der jeweiligen Betriebsteile.
Seit mind. den 60er Jahren gab es immer wieder die Überlegung, ein Verkehrsmuseum zu schaffen, bis 1969 ein Hauptabteilungsleiter der BVG
(West), Bereich Strassenbahn, Wolfgang von Linstow, sich dieser zerstreuten Sammlung annahm. Er verfolgte das Ziel, die Sammlung zu ergänzen, die Fahrzeuge unter einem Dach zu sammeln und für
eine spätere Übernahme eines richtigen Museums mit dem Schwerpunkt Berliner Nahverkehr zu konservieren.
Herr von Linstow wählte als Standort der Fahrzeugsammlung die seit der Stilllegung des Straßenbahnbetriebes leer stehende östliche Halle 2
des Autobus-Betriebshofes Britz in der Gradestraße. Hier lagen 1970 noch die Straßenbahngleise in der Wagenhalle, sodass auch die Schienenfahrzeuge gut aufgebaut werden konnten.
Die Wagenhalle Betriebshof Britz: Bis 1992 Sammelplatz für die historischen Vertreter der Berliner Verkehrsgeschichte für ein
bis heute nicht vorhandenes Berliner Verkehrsmuseum
Erstmals am 7. März 1971 wurde die historische Fahrzeugsammlung der Berliner Verkehrsbetriebe (West) im Betriebshof Britz
(Gradestraße) im Rahmen des “Tag der offenen Tür” der Öffentlichkeit vorgestellt.
In den folgenden Jahren wurde die Fahrzeugausstellung durch Ausrüstungsgegenstände ergänzt. So etwa eine Übersicht der
Haltestellenbauformen der letzten 100 Jahre oder Fahrzielschilder aller Betriebsteile.
Besichtigungen der Sammlung
Die Sammlung war nur selten geöffnet. Das lag einerseits daran, da die Fahrzeuge konserviert werden sollten, womit man sich
sehr viel Mühe gab. Die Fahrzeuge standen unter Planen geschützt, was immer einen hohen Personalaufwand erforderte, diese zu beseitigen.
Lokomotive für den Arbeitszugdienst bei der Berliner U-Bahn. Museumsstück in der BVG-Firmensammlung (Depot Britz)
Die BVG verstand die Sammlung immer nur als “Aufbewahrung” und “Konservierung” der Fahrzeuge, nicht als “täglich
geöffnetes Museum”. Das sollte ja erst noch entstehen. Die Fahrzeugsammlung wurde am 22./23.5.1976 nochmals im Rahmen eines “Tag der offenen Tür” vorgestellt.
Sammelplatz aller Fahrzeuge vor dem Fahrzeugkorso an der Urania, 8. April 1979
Anlässlich des Jubiläums “50 Jahre BVG” wurden am 8. April 1979 zahlreiche
historische Fahrzeuge aus der BVG-Sammlung der Öffentlichkeit im Rahmen einer Parade entlang des Kurfürstendamms vorgestellt. Die Schienenfahrzeuge wurden zur
Fahrzeugparade auf Tieflader verladen, die Omnibusse fuhren mit eigener Kraft, der Obus 1224 wurde gezogen, hingegen der Obus 488 auf der Paradestrecke mit eigener Kraft (Batterie) fuhr.
Die Paradestrecke führte vom Wittenbergplatz zur Leibnitzstraße. Mehr als 50
historische Fahrzeuge aus der BVG-eigenen Sammlung, der Berliner Feuerwehr und andere historische Fahrzeuge fuhren die Strecke ab, und über 200.000 Berliner säumten die Strecke.
ff.: Auflistung der Fahrzeuge in BVB Heft 5/1979, Seite 114 bis 117
Nach diesem Festumzug wurde es wieder sehr ruhig um die Fahrzeugsammlung.
Gelegentliche “Tage der offenen Tür” ermöglichten den interessierten Berlinern die Sammlung zu Betrachten. Am 26. April 1987 fand anlässlich des 750jährigen
Stadtjubiläums Berlins nochmals ein Fahrzeugkorso auf dem Kurfürstendamm statt. 20 Fahrzeuge aus der Fahrzeugsammlung Britz fuhren vom Wittenbergplatz bis zum
Olivaer Platz und begeisterten die am Straßenrand zuschauenden Berliner.
ff.: Auflistung der Fahrzeuge in BVB Heft 6/1987, Seite 127
Die Auflösung der Sammlung
Aufgrund des Sparzwanges bei der BVG entschied man, den Standort Britz aufzugeben. Die jahrelange Absicht des Initiators Wolfgang von Linstow, die Sammlung geschlossen an ein späteres Verkehrsmuseum zu übergeben, konnte nicht realisiert
werden. Am 7. Juni 1979 verstarb der Hüter der Sammlung von Linstow im Alter von 66 Jahren. Er betonte zu seinen Lebzeiten
stets, dass die Sammlung nie auseinander gerissen werden dürfe. Das Museum für Verkehr und Technik, später Deutsches
Technikmuseum, erhielt bis heute nicht die notwendigen Gelder vom Senat für einen passenden Ausstellungsraum auf ihrem
großen Areal in der Trebbiner Straße zu errichten. Sichtbar wird hier, welchen Stellenwert der Nahverkehr in dieser Gesellschaft hat.
Schon 14 Jahre nach dem Tod von Linstow
wurde die historische Sammlung zerrissen und teilweise verschrottet. Wut und Ärger empfindet ein verkehrsgeschichtlicher Historiker an dieser Entscheidung, derart geschichtsbeladene Fahrzeuge, teilweise als
letzte Vertreter ihrer Bauart, zu verschrotten und die restlichen Fahrzeuge zu verteilen. Die Idee einer geschlossenen Sammlung ist damit aufgegeben worden.
D2U Wagen 1126 vor der Museums-Wagenhalle Britz 1985: Gelegentlich wurden die Fahrzeuge zum Fotografieren aus der Halle gefahren.
Der Auszug der Wagen aus der Halle 2 in Britz
Der Auszug der Fahrzeuge aus dem Betriebshof Britz wurde am 19. Juni 1993 “festlich” begangen. 18 Fahrzeuge aus dieser
Sammlung fuhren in einem Korso vom Alexanderplatz, Unter den Linden, Brandenburger Tor. Von hier fuhren die Fahrzeuge
18 Busse und eine Straßenbahn (auf Tieflader verladen) zum Depot des Technikmuseum in der Monumentenhalle.
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Die Resonanz in der Bevölkerung war verhalten, zum einen regnete es an diesem Tag, zum anderen wurde nur halbherzig auf
diesen Korso hingewiesen. Auch wurde kaum in den Medien erklärt, dass die Sammlung endgültig aufgelöst wird, und nur
wenige Ausstellungsstücke zukünftig zu sehen sein werden. Der Fahrzeugkorso war im Vergleich zu den Veranstaltungen 1979
und 1987 eher erbärmlich und zeigte die fachliche Kompetenz des “neuen” Unternehmens BVG. Dafür, dass in Berlin die erste
Straßenbahn der Welt fuhr, wurde nur ein Straßenbahnfahrzeug in diesem Korso eingefügt. Die U-Bahnwagen wurden
überhaupt nicht mitgeführt. Dieser Korso zeigte sehr deutlich, wie man zukünftig mit dem historischen Erbe umzugehen vermochte. ff.: Auflistung der Fahrzeuge in BVB Heft 8/1993, Seite 161
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Mit der Vereinigung der BVB und BVG (Ost- und Westberliner Verkehrsbetriebe) vergrößerte sich überwiegend die historische
Straßenbahnsammlung durch den Bestand der Ostberliner BVB. Auch hier wurden historische Fahrzeuge aus dem Bereich
Bus und Straßenbahn zur Seite gestellt und restauriert. Einen Überblick über die Fahrzeuge verschafft die Homepage des DVN
. Dadurch gelangten durchaus weitere interessante Fahrzeuge aus dem Bereich Bus und Straßenbahn in die Sammlung.
Museumskorso 1979 an der Urania (Firmenjubiläum “50 Jahre BVG”)
Die Berliner Vereine und das Deutsche Technikmuseum konnten nur einen Teil der Sammlung unterstellen. Eine genaue
Auflistung kann in der Rubrik “Die Fahrzeuge” nachgelesen werden. Die übrigen Fahrzeuge wurden deutschlandweit
angeboten, jedoch konnte sich natürlich kein Museum oder Verein außerhalb der Stadtgrenzen von Berlin derart spezifische
Fahrzeuge in ihrer Sammlung aufnehmen. Wie könnte ein Berliner Straßenbahnwagen in eine Hambuger Fahrzeugsammlung passen?
Wäre der Öffentlichkeit bekannt gewesen, welche historischen Fahrzeuge sich noch im Bestand befänden, und ihnen die
Verschrottung droht, gäbe es sicher ein breiteres Interesse an dieser Sammlung. Da diese Sammlung jedoch seit 1971 nur
einem kleinen Kreise zugänglich war und in keinem Stadtführer enthalten war gab es aus Unwissenheit auch keinen Aufschrei. Aber ein jeder Londonbesucher kennt das “London-Transport-Museum” ...
Anzumerken ist auch, dass bei der Übergabe- Feierlichkeit der Fahrzeuge nicht in einem Satz der Name des verstorbenen Mitarbeiters “Wolfgang von Linstow” gefallen ist, wo diese
Fahrzeugsammlung nur aufgrund seines privaten Engagement aufgebaut werden konnte. Wahrscheinlich war es auch besser, den Namen nicht zu erwähnen, hätte er sich wohl im Grabe
gedreht bei Erwähnung seines Namens bei dieser Veranstaltung.
<-- Foto: Aufstellung der historischen Wagen zur Fahrzeugparade 1979 an der Urania (50 Jahre BVG)
Die durchgeführte Verteilung der Fahrzeugsammlung BVG-West ist umstritten, da die Sammlung nun Lücken aufweist
oder auf verschiedene Standorte verteilt wurde. Diente die Halle in Britz der gesammelten Aufbewahrung, wurden die Wagen 1993 teilweise verkauft und zweckentfremdet. Sie stehen
damit einem späteren Museum nicht mehr zur Verfügung. Stillgelegte Betriebshöfe der BVG werden durch die Stadt
meistbietend verkauft, für eine begehbare Fahrzeugsammlung bleibt in einer Stadt mit rein kurzsichtigen kommerziellen
Interessen kein Platz. Der Standort Niederschönhausen ist ein Ansatz einer Lösung, aber nicht gesichert. So ist die Bildung
eines Berliner Nahverkehrsmuseums nicht in absehbarer Zeit erkennbar, auch kann das DTMB dazu keine Planungen vorlegen.
Die Sammlung heute
Für ein späteres Museum der Berliner Verkehrsgeschichte fehlen leider bereits viele Fahrzeugtypen oder wurden nicht neu
aufgenommen, obwohl diese die Stadt lange Jahre prägten und für die Fahrzeugentwicklung standen. Viele junge
Verkehrsinteressierte haben keine Chance mehr, die komplette Sammlung zu betrachten. Die Fahrzeugsammlung verteilt sich statistisch wie folgt: (genaue Wagennummern unter “Die Fahrzeuge”)
Statistische Übersicht der einstigen Fahrzeugsammlung Britz
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Eigentümer (von / bis)
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Omnibus
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Obus
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Straßenbahn
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U-Bahn
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BVG-West Fahrzeugsammlung (stand: 1993)
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16
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2
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20
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14
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Deutsches Technikmuseum Berlin (DTMB) (1993 / _ )
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11
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2
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12
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4
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Noch bei der BVG befindlich, für das DTMB reserviert:
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2
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Arbeitsgemeinschaft Traditionsbus (ATB) (1993 / __ )
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5
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Denkmalpflegeverein Berlin (DVN) (1993 / __ )
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6
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Verkehrsmuseum Nürnberg (1993 - 2005 ) , verbrannt
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1
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Verschrottet / kein Museumszweck ab 1992/93
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2
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7
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Mit der Fusion der beiden Verkehrsbetriebe BVB und BVG (1992) ergänzten die Museumsfahrzeuge des VE Kombinat BVB
die Sammlung. Auf diese Fahrzeuge möchte ich hier nicht weiter eingehen. Keinesfalls um sie zu ignorieren, sondern da sie sich geschlossen in der Obhut des DVN befinden und dort eine gute
Pflege erleben und regelmäßig den Berlinern zugänglich gemacht werden. Auch, weil die Ostberliner Sammlung dort noch komplett steht, lediglich der Straßenbahnwagen 68 an das DTMB
übergeben wurde. Eine ausführliche Auflistung der vom DVN betreuten Fahrzeuge ist beim DVN erhältlich (auch Online bestellbar): ---> Fahrzeugkatalog des DVN, Stand 2001
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Die Stiftung Deutsches Technikmuseum Berlin ( DTMB ) öffnet die im Depot untergebrachten Fahrzeuge an der
Monumentenhalle jeden Sonntag im September des Jahres. Die Fahrzeuge stehen wie schon erwähnt in einem Depot, das
heißt sie lagern dort. Es handelt sich dabei um einen engen Holzschuppen. Die Fahrzeuge stehen sehr dicht gelagert
nebeneinander, zum Fotografieren oder einer ordentlichen Betrachtung dient dieser Schuppen nicht. Eine besondere
Ausstellung Nahverkehr Berlin ist geplant, in der einige Fahrzeuge aufgestellt werden könnten, aber einen Zeitplan zur Realisierung kann die Stiftung DTMB auf Anfrage nicht vorlegen.
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Die ATB veranstaltet immer wieder mal Fahrten oder schleppen die nicht mehr fahrfähigen Fahrzeuge zu Veranstaltungen. Die
Sonderfahrten werden auf der Homepage angekündigt. Traditionell finden an den 4 Sonntagen im September Zubringerfahrten
zwischen dem DTMB-Depot Monumentenhalle, dem Hauptgebäude des DTMB in der Trebbiner Straße und dem U-Bahnhof Gleisdreieck statt. Auf der Autobuslinie 218 wird ein Wagen täglich von der ATB gestellt, zumeist handelt es sich um die
Fahrzeugtype DE. Eine reguläre Besichtigung aller Fahrzeuge ist nicht möglich. Schwerpunkt ist die Fahrzeugentwicklung der Nachkriegszeit West bis zur heutigen Zeit.
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Der DVN hat den überwiegenden Teil der ihr anvertrauten Straßenbahnfahrzeuge aus der Sammlung BVG-West und BVG-Ost
im Betriebshof Niederschönhausen aufgebaut. Einmal im Monat kann ein etwa die Hälfte der Britzer Sammlung aus dem
Sammelschwerpunkt Straßenbahn hier betrachtet werden (Termine siehe Homepage). Zusätzliche Themenfahrten ermöglichen
auch die Fahrt mit den historischen Fahrzeugen. Für einen kompletten Querschnitt der Straßenbahngeschichte fehlt hier auch der Platz, so verblieben 2/3 der Straßenbahnfahrzeuge aus der BVG-Fahrzeugsammlung im Depot des DTMB. Die Geschichte
des Ostberliner Omnibusverkehrs befindet sich ebenso hier, die Westberliner Autobusgeschichte hingegen ist das Aufgabengebiet der ATB.
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Der U-Bahn Wagen 201 wurde an das Verkehrsmuseum Nürnberg abgegeben, dort wurde er neben einem S-Bahnwagen an
einem Bahnsteig “Zehlendorf” aufgestellt. Diese Berlin-Abteilung des Museums wurde später aufgelöst, der U- und S
-Bahnwagen stand daraufhin im Depot “Bw Gostendorf”, wo ein Feuer den U-Bahnwagen 201 völlig zerstörte. Die Beiwagen
der Typen B1 und B2 können als verloren betrachtet werden, genauso wie der wegen Platzmangel nicht in Britz aufgestellte (oder als fahrfähiger Museumswagen vorgesehene) A1 Wagen 515 aus dem Jahr 1901. Die reservierte Einheit für das
Deutsche Technikmuseum Berlin (DTMB) des Typs EIII/1 (1804/1805) ist noch bei der BVG im Streckennetz abgestellt. Weitere
U-Bahn Fahrzeugtypen, die nach 1993 ausgemustert wurden, wurden nicht für ein späteres Museum reserviert und teilweise auch jetzt nicht mehr im Bestand der BVG vorhanden ...
Wagen 2000II: Erster Eindecker für Berlin der Bauart O405 Wagen 3501: Nullserie des Doppeldeckertyps SD 202
Mit Ausmusterung der Autobus-Fahrzeugtypen nach 1993 wurden keine Neuzugänge für eine spätere Nahverkehrsausstellung
oder Transportmuseum aufgenommen. Die Fahrzeuge der Arbeitsgemeinschaft Traditionsbus sind nicht für eine spätere
Museumsausstellung vorgesehen, die abgegebenen Fahrzeuge sind an die ATB verkauft worden. Dadurch fehlt beispielsweise
einem späteren Transportmuseum u.a. die Bustype SD 200. Zudem fehlen sämtliche Fahrzeugtypen aus dem Bereich Bus
deren Ausmusterung nach 1993 vollzogen wurde. Teilweise sind die Fahrzeugtypen mittlerweile völlig aus Bestand entfernt,
sodass es nicht mehr möglich ist, diese später museal später auszustellen. Aufwendige Rekonstruktionen wären nötig.
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